Sigmund Freud
Bereits 1917 hatte Freud eine schmerzhafte Schwellung am Gaumen bemerkt. Im Frühjahr 1923 beschrieb er selbst eine weißliche (leukoplakische) Geschwulst an Kiefer und Gaumen. Die Diagnose lautete: Epitheliom (damals ein Sammelbegriff für gut- und bösartige Geschwülste der Haut und Schleimhaut). Sein Freund, der Internist Felix Deutsch nahm Zuflucht zu einer ausweichenden Erklärung und sprach von einer schlimmen Leukoplakie, riet aber, neben einem Rauchverbot zur operativen Entfernung. Nach dem Eingriff durch den Wiener Rhinologen Marcus Hajek erlitt Freud eine schwere Nachblutung, die ihm beinahe das Leben kostete. Freud war zwar ein von Ärzten umgebener Arzt (Peter Gay), niemand aber sagte ihm die Wahrheit über den wahren Charakter der Erkrankung. Es folgten eine lokale Bestrahlung mit Radium und im Oktober zwei weitere Operationen durch den Kieferchirurgen Prof. Hans Pichler, der ihm die Bösartigkeit des Rachentumors gestand. Bis zu 30 (!) weitere Operationen folgten. Vermutlich wegen eines Mittelohrergusses litt das Hörvermögen auf dem rechten Ohr so sehr, dass die Couch, auf der die Patienten lagen, umgestellt werden musste. Das Essen bereitete trotz einer von Prof. Pichler gefertigten Prothese große Schwierigkeiten. Ende 1924 schrieb Freud: Meine Sprache mag beeinträchtigt sein, aber sowohl meine Angehörigen als meine Patienten sagen, sie sei recht gut verständlich. Doch der ständige Wechsel der Prothese, die den Mundraum von den Nasenhöhlen trennte, quälte Freud zunehmend und 1928 erhoffte er sich Erleichterung von seinem Prothesenelend (Brief an Andreas-Salomé) durch eine weitere Behandlung in Berlin. 1930 und bis zum Sommer 1936 operierte Pichler erneut mehrmals den wieder aufgetretenen Tumor. Anfang 1939, nach einem Besuch von Virginia und Leonard Woolf, sprach Freud in einem Brief an Arnold Zweig, er könne sich sehr gut vorstellen, dass das Ganze den Anfang vom Ende bedeutet, das ja stets auf uns lauert. Unterdes habe ich diese lähmenden Schmerzen. Und später, in einem Brief an Marie Bonaparte: man hat versucht, mich in eine Atmosphäre von Optimismus zu ziehen: das Carcinom ist in Schrumpfung, die Reaktionserscheinungen sind vorübergehend. Ich glaube nicht daran und mag es nicht, betrogen zu werden. Freuds Leibarzt Max Schur hat später über die Krankheit und das Sterben ausführlich berichtet. Sigmund Freund starb am 23.9.1939 nach einem langen und qualvollen Leiden in London.